Neustadt a. d. W. (ots) –
Die Welle der Kirchenaustritte reißt nicht ab, die Gründe sind unterschiedlich. Der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V. (VLH) zeigt, was Austrittswillige sowie Kirchenmitglieder in Sachen Kirchensteuersatz und Höhe der Kirchensteuer wissen sollten – und was passiert, wenn ein Partner Mitglied ist und der andere nicht (mehr).
Wer muss Kirchensteuer zahlen?
Mitglieder einer staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft müssen Kirchensteuer zahlen. Anerkannte Religionsgemeinschaften gelten im Steuerrecht als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Neben bestimmten Auflagen – zum Beispiel mindestens 30 Jahre Bestehen vor der Anerkennung als Körperschaft – sind viele Rechte damit verbunden: Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts darf Beamte bzw. Beamtinnen beschäftigen, ist von der Grundsteuer befreit und kann vor allem mit Hilfe der Finanzämter (Kirchen-)Steuer eintreiben. Für anerkannte Religionsgemeinschaften macht die Kirchensteuer den mit Abstand größten Anteil ihrer Einnahmen aus.
Welche sind die anerkannten Religionsgemeinschaften?
Zu den Religionsgemeinschaften, die in Deutschland eine Kirchensteuer erheben dürfen, gehören laut Bundesministerium des Inneren und für Heimat (BMI) vor allem:
– die Evangelischen Kirchen (Landeskirchen, Gemeinden, Zusammenschlüsse)
– die Römisch-Katholische Kirche (Diözesen, Gemeinden, Zusammenschlüsse, zum Teil auch Ordensgemeinschaften)
– einzelne jüdische Gemeinden
– die Altkatholiken und Altlutheraner
– die Baptisten
– die Mennoniten
Wie hoch ist die Kirchensteuer?
Die Höhe der Kirchensteuer richtet sich nach dem Wohnort. In Baden-Württemberg und Bayern fließen acht, in den übrigen Bundesländern neun Prozent der Einkommensteuer als Kirchensteuer ab:
Bundesland Kirchensteuer
Bayern 8 Prozent
Baden-Württemberg 8 Prozent
Berlin 9 Prozent
Brandenburg 9 Prozent
Bremen 9 Prozent
Hamburg 9 Prozent
Hessen 9 Prozent
Mecklenburg-Vorpommern 9 Prozent
Niedersachsen 9 Prozent
Nordrhein-Westfalen 9 Prozent
Rheinland-Pfalz 9 Prozent
Saarland 9 Prozent
Sachsen-Anhalt 9 Prozent
Sachsen 9 Prozent
Schleswig-Holstein 9 Prozent
Thüringen 9 Prozent
So sieht die Rechnung mit jeweils acht bzw. neun Prozent Kirchensteuer aus (für 2023):
Rechenbeispiel für 2023:
Zu versteuerndes Einkommen: 30.000 Euro im Jahr
Einkommensteuer (Grundtabelle): 4.700 Euro
Solidaritätszuschlag: 0 Euro
Kirchensteuer: 376 Euro (8 %)
oder
423 Euro (9 %)
Außer in Bayern – dort erheben drei kircheneigene Steuerämter die Kircheneinkommensteuer und die Kirchengrundsteuer – setzt das Finanzamt die Einkommensteuer und Kirchensteuer fest. Die Arbeitgeber/innen behalten Lohn- und Kirchensteuer ein. Im Anschluss wird die Kirchensteuer an die Kirche weitergeleitet. Diese Transaktion tätigt die Finanzverwaltung allerdings nicht umsonst: Die jeweilige Kirche muss eine Gebühr in Höhe von 3 bis 4,5 Prozent der eingezogenen Kirchensteuern zahlen.
Übrigens: Liegt das eigene Einkommen 2023 unter 10.908 Euro im Jahr bzw. rund 909 Euro, müssen keine Lohnsteuer, keine Einkommensteuer und auch keine Kirchensteuer gezahlt werden. Für Ehepaare und eingetragene Lebenspartner/innen gilt der doppelte Grundfreibetrag in Höhe von 21.816 Euro.
Kann man die Kirchensteuer von der Steuer absetzen?
Ja – allerdings gilt das nur für die auf die tarifliche Einkommensteuer gezahlte Kirchensteuer: Diese kann als Sonderausgabe von der Steuer abgesetzt werden. Eingetragen wird der Betrag in der Anlage Sonderausgaben unter „Kirchensteuer“.
Nicht absetzbar ist dagegen die Kirchensteuer, die als Zuschlag zur Abgeltungsteuer von der betreffenden Bank einbehalten wurde. Diese Kirchensteuerzahlung kann nicht als Sonderausgabe berücksichtigt werden.
Was, wenn nur ein Ehe- oder Lebenspartner Kirchenmitglied ist?
Gibt ein Ehe- oder Lebenspaar seine Steuererklärung als gemeinsame Veranlagung ab und ist nur eine/r von beiden Kirchenmitglied, dann greift das besondere Kirchgeld (siehe unten).
Wenn die Ehe- oder Lebenspartner/innen verschiedenen Konfessionen angehören und nur eine/r von beiden verdient, ziehen der/die Arbeitgeber/in und das Finanzamt die Kirchensteuer ein, nämlich zur Hälfte für die Kirche des Ehemannes bzw. der Ehefrau und zur Hälfte für die Kirche der Ehefrau bzw. des Ehemannes.
Was ist das besondere Kirchgeld?
Diese Form der Kirchensteuer betrifft nur verheiratete bzw. verpartnerte Personen, die für ihre Steuererklärung die Zusammenveranlagung nutzen. Wie das besondere Kirchgeld funktioniert, erklären wir anhand eines Beispiels:
Nehmen wir an, ein leitender Angestellter ist kürzlich aus der Kirche ausgetreten. Seine Ehefrau ist Hausfrau und weiterhin Mitglied einer staatlich anerkannten Kirche. Geben beide eine Steuererklärung zusammen als gemeinsame Veranlagung ab, muss die Ehefrau das besondere Kirchgeld zahlen – und zwar entsprechend des gemeinsamen Einkommens. Es fällt allerdings niedriger aus als bei einer Kirchenzugehörigkeit beider Ehepartner.
Berechnet wird das besondere Kirchgeld vom zuständigen Finanzamt.
Die VLH: Größter Lohnsteuerhilfeverein Deutschlands
Der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V. (VLH) ist mit mehr als einer Million Mitgliedern und rund 3.000 Beratungsstellen bundesweit Deutschlands größter Lohnsteuerhilfeverein. Gegründet im Jahr 1972, stellt die VLH außerdem die meisten nach DIN 77700 zertifizierten Berater.
Die VLH erstellt für ihre Mitglieder die Einkommensteuererklärung, beantragt sämtliche Steuerermäßigungen, prüft den Steuerbescheid und einiges mehr im Rahmen der eingeschränkten Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG.
Pressekontakt:
Christina Georgiadis
Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V. (VLH)
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