Öffnung und Liberalisierung: Usbekistan befindet sich in einem tiefgreifenden wirtschaftlichen Wandel

Berlin (ots) –

Gott bewahre euch davor, in einem Zeitalter der großen Veränderungen zu leben, soll Konfuzius gesagt haben. Es ist jedoch eher unwahrscheinlich, dass die BürgerInnen Usbekistans ihm zustimmen würden. Mit dem Amtsantritt des Präsidenten Shavkat Mirziyoyev im Jahr 2016 begann in diesem zentralasiatischen Staat, der noch vor 30 Jahren ein Teil der Sowjetunion war, eine Ära radikaler Reformen und Veränderungen. Im Mittelpunkt der Reformen stehen die Verbesserung des Wohlergehens der Menschen und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Deswegen gehen Wirtschaft- und Sozialreformen Hand in Hand. Usbekistan wurde dabei für mehr internationale und regionale Zusammenarbeit geöffnet, die Wirtschaft liberalisiert und das gesellschaftliche System modernisiert. Dafür wurde eine umfangreiche Entwicklungsstrategie für 2017-2021 verabschiedet. Und schon heute kann man über deutliche Erfolge sprechen. In den letzten fünf Jahren ist die Wirtschaft um 24 %, die Industrie um 34 %, die Exporte um das 1,5-fache und die ausländischen Investitionen um das 3-fache gewachsen. Im gleichen Zeitraum sind die durchschnittlichen Monatslöhne um den Faktor 2,2 gestiegen. Das Kleinunternehmertum wurde dabei für Priorität in der Wirtschaft des Landes erklärt. In den letzten fünf Jahren wurden rund 2.000 Gesetze, Verordnungen und Beschlüsse zur Entwicklung dieses Sektors verabschiedet. Auf der anderen Seite wurden 114 Lizenzen, Genehmigungen und unnötige Inspektionen für Unternehmen abgeschafft, die Verfahren zur Erlangung von Genehmigungen vereinfacht. Infolgedessen hat sich die Zahl der neuen Unternehmen in den letzten fünf Jahren fast verdreifacht, und die Zahl der Kleinunternehmen verdoppelt. Bemerkenswert dabei ist, dass über 50 % dieser Unternehmen erst in den letzten drei Jahren gegründet wurden. Auch bestehende Unternehmen expandieren, dabei sind Tausende von neuen Arbeitsplätzen geschaffen worden.

Die wirtschaftlichen Zahlen können sich also eindeutig sehen lassen, aber inwieweit spiegeln sie die tatsächliche Situation im Land wider? Spüren die Bürger und Unternehmen die positiven Auswirkungen der Reformen?

Im August dieses Jahres befragte das Zentrum für Wirtschaftsforschung und Reformen (CERC) mehr als 1.000 Unternehmen im ganzen Land, um herauszufinden, wie sie die Aussichten für ihre Geschäftsentwicklung einschätzen. Die CERC-Umfrage unter Unternehmern ergab, dass die Mehrheit das Geschäftsklima in Usbekistan positiv bewertet. So gab mehr als ein Drittel aller Befragten (37 %) an, dass sie keine Hindernisse für die Entwicklung ihrer Geschäftstätigkeiten in Usbekistan sehen. Es ist daher nicht überraschend, dass Shavkat Mirziyoyev auf dem Kongress der Bewegung der Unternehmer und Geschäftsleute – Liberaldemokratische Partei Usbekistans am 9. September als Präsidentschaftskandidat für die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in Usbekistan nominiert wurde. Da die Präsidentschaftswahlen bereits im Oktober stattfinden werden, stellte der Präsident auf dem Kongress sein Wahlprogramm mit dem Titel „Strategie des neuen Usbekistan“ vor. Damit sollten die Unternehmen davon überzeugt werden, dass mit ihm an der Spitze des Landes weitere Wirtschaftsreformen anstehen. Insbesondere kündigte er eine Senkung der Mehrwertsteuer auf 12 % ab 2023 und eine Senkung des Grundsteuersatzes von 2 % auf 1,5 % bereits im Jahr 2022 an. Das Pro-Kopf-BIP soll innerhalb von fünf Jahren um das 1,6-fache steigen. „So werden wir bis 2030 unser Pro-Kopf-Einkommen auf über 4.000 Dollar steigern und eine Grundlage schaffen, um in die Liste der Länder mit mittlerem Einkommen aufzusteigen“, so der Präsident.

Um diese hochgesteckten Ziele zu erreichen, muss das Land jedoch zunächst seine Arbeitseffizienz radikal verändern, indem es neue Technologien und Wertschöpfungsketten durch Wissenschaft und innovative Wirtschaftsentwicklung ausbaut. Nur dann wird die Industrieproduktion in den nächsten fünf Jahren um den Faktor 1,4 und die Arbeitsproduktivität um mindestens den Faktor 2 steigen können. Dies sind die Indikatoren, die laut der neuen Strategie Usbekistans erreicht werden sollen.

Trotz allen Optimismus stehen die Unternehmen vor einer Reihe von Herausforderungen. So erhielt der Präsident vor dem Parteikongress Meldungen von mehr als 15.000 Unternehmern. Bei Vierzig Prozent davon ging es um Unternehmensfinanzierung sowie Finanz- und Kreditfragen. Häufig werden Darlehen zu hohen Zinssätzen und für kurze Zeiträume zu Bedingungen vergeben, die für den Unternehmer nachteilig sind. Auch Kredite in Fremdwährungen verursachen den Unternehmern aufgrund der Währungsaufwertung zusätzliche Kosten.

Daher will die Regierung Maßnahmen zur Erhöhung des Eigenkapitals der Banken ergreifen. Eine weitere wichtige Neuerung wird die Einführung eines Systems zur Kreditvergabe an Unternehmen in usbekischen Summen sein, unabhängig von der Währung, in der die Banken Mittel einwerben. Zu diesem Zweck wird eine Währungsrisikomanagementgesellschaft mit Niederlassungen in den Regionen unter dem Finanzministerium gegründet. Bereits im Jahr 2022 werden die Banken zusätzliche 600 Millionen Dollar aus dem Fonds für Wiederaufbau und Entwicklung nach Marktprinzipien erhalten, so dass sich für ausländische Banken weitreichende Möglichkeiten für den Eintritt in den usbekischen Markt ergeben.

Generell ist die Öffnung des Landes für ausländisches Kapital eine der Prioritäten der Entwicklungsstrategie des Landes.

Investitionszusammenarbeit mit internationalen Finanzinstitutionen

So wurde Usbekistan im Jahr 2020 erstmals in den „Foreign Direct Investment Regulatory Restrictiveness Index“ der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aufgenommen und als das führende zentralasiatische Land in Bezug auf die Offenheit für ausländische Direktinvestitionen eingestuft.

Zwischen 2017-2020 wurden in Usbekistan zahlreiche gemeinsame Projekte mit internationalen Finanzinstitutionen und ausländischen staatlichen Finanzinstitutionen durchgeführt. So wurden insbesondere Kreditfazilitäten in Höhe von 10,26 Mrd. USD ausgezahlt und für die Entwicklung einer Reihe von Sektoren im Rahmen von 327 Investitionsprojekten mit Beteiligung internationaler Finanzinstitute und ausländischer staatlicher Finanzinstitute bereitgestellt. Dabei flossen die Mittel in die Brennstoff- und Energiewirtschaft (5,88 Mrd. USD), in den Kommunikations- und Verteidigungssektor (1,56 Mrd. USD), in die Landwirtschaft und Wasserwirtschaft (1,27 Mrd. USD), in das Bankwesen (0,95 Mrd. USD), in den sozialen Sektor (0,47 Mrd. USD) und in andere Bereiche.

In den nächsten fünf Jahren will das Land 120 Milliarden Dollar in die Wirtschaft bringen, darunter mindestens 70 Milliarden Dollar an ausländischen Investitionen. Auch eine Entwicklungsbank soll einrichtet werden.

Deutschland wirkt bei diesem Prozess kräftig mit. So beliefen sich die deutschen Investitionen im Jahr 2020 auf 710 Millionen USD, das sind 25 Prozent mehr als im Vorjahr. Und in diesem Jahr sollen deutsche Investitionen in Höhe von 879,1 Millionen US-Dollar in gemeinsame Projekte in der Textil- und Lebensmittelindustrie, Pharmazie, Landwirtschaft und Baustoffproduktion fließen. Darüber hinaus haben die deutschen Auslandshandelskammern (AHK), der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) und die deutsche Entwicklungsbank KfW im vergangenen Jahr ihre Repräsentanzen in Taschkent eröffnet.

Gleichzeitig hat die Bundesregierung zur Unterstützung des Reformprozesses in Usbekistan die Finanzierung von Entwicklungsprojekten in dem Land im Jahr 2019 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als das Zwölffache erhöht.

So hat Deutschland bereits 2019 beschlossen, seine Entwicklungshilfe für Usbekistan für den Zeitraum 2019-2021 auf 140,8 Millionen Euro zu erhöhen, was einer Verzwölffachung gegenüber dem vorangegangenen Zeitraum entspricht.

Die Wirtschaftsreformen und die Liberalisierung des Landes zeigen also ihre Wirkung, was wiederum das Vertrauen in den Erfolg der Strategie stärkt. Dies belegen auch Prognose internationaler Organisationen und Finanzinstitute über Wirtschaftswachstum des Landes. So prognostiziert der Internationale Währungsfonds für Usbekistan ein BIP-Wachstum von 5 % im Jahr 2021, die Weltbank von 4,8 % und die Ratingagentur Fitch Solutions von 5,1 %.

Usbekistan steht immer noch vor enormen wirtschaftlichen Herausforderungen, einschließlich der Armutsbekämpfung und Verbesserung des Lebensstandards der Menschen. Doch wenn die Reformen in der gleichen Weise und im gleichen Tempo fortgesetzt werden, gibt es kaum Zweifel, dass die ehrgeizigen Ziele erreicht werden.

Anna Wohlthat

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Quelle: ots

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