ETFs in einem überbewerteten Markt kaufen? Experte verrät, wie man jetzt handeln sollte

Verl (ots) –

Anleger sind unsicher. Soll man in einem überbewerteten Markt ETFs kaufen oder auf eine Korrektur warten? Der S&P 500 und andere Indizes sind auf Allzeithoch. Viele fragen sich daher, ob das ein guter Zeitpunkt zum Investieren ist oder ob die Gefahr eines baldigen Rückgangs besteht.

In einem hoch bewerteten Markt ist es wichtig, langfristig zu denken. Kurzfristige Korrekturen sind normal, aber eine gut durchdachte Anlagestrategie kann langfristig erfolgreich sein. In diesem Beitrag wird erläutert, wie man in einem überbewerteten Markt am besten investiert.

Ein Blick auf die aktuelle Marktsituation

Der S&P 500, aber auch globale Aktienmärkte befinden sich derzeit nahe am Allzeithoch. Für Anleger stellt sich darum die Frage: Ist es jetzt sinnvoll zu investieren oder ist es besser, auf eine Korrektur zu warten? In diesem Zusammenhang wird häufig argumentiert, dass die Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGVs) zurzeit hoch sind – und das ist richtig. So ergibt sich am Beispiel des S&P 500 Index aktuell ein durchschnittliches KGV von 26 – was vergleichsweise hoch bewertet ist. Historisch gab es allerdings auch Sondersituationen, wie beispielsweise in den Jahren der großen Rezession 2008 und 2009, in denen das KGV bei über 100 lag und die Unternehmensgewinne abrupt eingebrochen sind – entsprechend hoch fielen auch die Bewertungen aus.

In der Historie lag das KGV im S&P 500 im Schnitt unterhalb eines 20er-Wertes – mit dem aktuellen Wert von 26 sind die Aktien also derzeit teuer bewertet. Kritiker äußern allerdings, dass das Kurs-Gewinn-Verhältnis allein betrachtet wenig Aussagekraft besitzt, da auch Wachstumschancen zu berücksichtigen sind. Für mehr Aussagekraft sollte daher die PEG-Ratio herangezogen werden: Hier wird das KGV durch künftige Wachstumsprognosen der Unternehmensgewinne geteilt – die Kurs-Gewinn-Verhältnisse sind dann entsprechend Wachstums-bereinigt.

In den vergangenen 30 Jahren lag die PEG-Ratio für den S&P 500 im Durchschnitt bei 1,2 – wobei eine PEG-Ratio im Rahmen von 1,0 bis 1,5 als faire Marktbewertung gilt. Zieht man nun das aktuelle KGV von 26 heran, und teilt diesen Wert durch die Analystenprognose beim Gewinnwachstum für die nächsten fünf Jahre von durchschnittlich 11,8 Prozent, ergibt sich eine PEG-Ratio von ungefähr 2,2. Dieser Wert liegt über der Obergrenze der historischen Range von 1,5 und zeigt, dass der Aktienmarkt auch Wachstums-bereinigt derzeit hoch bewertet ist. Für eine faire Bewertung des S&P 500 wäre ein Gewinnwachstum der Unternehmen von 17,28 Prozent in den nächsten fünf Jahren erforderlich – dies wäre allerdings angesichts der Historie ein enormes Wachstum.

Investieren oder abwarten?

Um nun herauszufinden, ob es sich lohnt, in Zeiten des Allzeithochs zu investieren oder ob es doch besser ist, abzuwarten, bis der Markt in eine Korrektur rutscht, lohnt es sich, vergangene Daten unter die Lupe zu nehmen. Experten kommen bei einer Analyse beispielsweise zu dem Ergebnis, dass der Markt nach einem Allzeithoch zwölf Monate später im Schnitt um 10,3 Prozent höher notierte. Nach 24 Monaten lag das Ergebnis bei 8 Prozent im Jahresdurchschnitt und nach 36 Monaten immer noch jährlich bei 7,6 Prozent Zuwachs. Historisch gesehen deutet sich daher an, dass es trotz Allzeithoch sinnvoll sein kann, zu investieren.

Ein zweites Experiment ergibt Folgendes: Verglichen wurden zwei Varianten – auf der einen Seite ein Buy-and-hold-Portfolio, das mit einem festen Betrag startete, anschließend im S&P 500 liegen blieb und heute bei rund 85.000 Dollar wäre. Auf der anderen Seite wurde in dem Experiment zum Monatsende von einem Allzeithoch ausgegangen – die Position am Markt wurde in ihrem Experiment dann geschlossen und einen Monat Cash gehalten. Diese Strategie wurde bei jedem Allzeithoch durchgeführt – der aktuelle Wert des Depots läge hier gerade einmal bei 8.700 Dollar und damit bei rund 90 Prozent weniger als im Buy-and-hold-Portfolio. Dieses Experiment zeigt, dass es meist keine gute Idee ist, zu Zeiten des Allzeithochs direkt zu verkaufen.

Eine Analyse des Aktienmarkts ergibt in diesem Zusammenhang Folgendes: Würde man immer am Allzeithoch verkaufen, hätte man seit 1950 ganze 1250 Mal verkaufen müssen – daraus ergibt sich ein jährlicher Durchschnitt von 16 Allzeithochs. Insgesamt befindet sich der Aktienmarkt zu 30 Prozent der gesamten Zeit in der Nähe eines Allzeithochs und zu 70 Prozent der Zeit darunter – Allzeithochs sind damit keinesfalls unüblich und eine Gegebenheit, an die sich Investoren gewöhnen müssen.

Fazit

Historisch gesehen spricht daher nichts dagegen, auch in Zeiten eines Allzeithochs am Markt zu investieren. Für Anleger, die sich dennoch unsicher sind, gilt am Ende Folgendes: Wer große Beiträge zur Verfügung hat, kann in Tranchen investieren. Investiert man sein Kapital also stufenweise und erhöht es beispielsweise pro Quartal, ist es leichter, sich an Marktschwankungen zu gewöhnen und sich sicherer am Markt zu bewegen. Wer allerdings keine großen Beträge zur Verfügung hat, kann mit Aktien-Sparplänen starten und bei gleichbleibenden Beträgen vom Cost-Average-Effekt profitieren.

Über Mario Lüddemann:

Mario Lüddemann ist Geschäftsführer der Lüddemann Investments GmbH. Er hat über 25 Jahre Berufserfahrung als Trader und bereits über 65.000 Transaktionen durchgeführt. 2020 und 2021 wurde er als „Trader des Jahres“ ausgezeichnet. Er und sein Team bei Lüddemann Investments bieten Interessenten Ausbildungen für Investment oder Trading an. Sein Ziel: Vermögen selbstbestimmt und unabhängig von Banken und Versicherungen aufzubauen. Mehr Informationen unter: https://mariolueddemann.com/

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Quelle: ots

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