Berlin/Bonn (ots) –
Tierhaltung, Fütterung und Standortvorteil tragen zu nachhaltiger Versorgung bei
Auf seiner 24. Jahrestagung betonte der Deutsche Verband Tiernahrung e. V. (DVT) die Leistungen und Erfolge der Branche für eine nachhaltige Versorgung und die Transformation der Agrar- und Ernährungsbranche. „Die Futtermittelwirtschaft leistet einen wichtigen Beitrag in der Klimapolitik und schließt den Kreislauf durch die Verwertung von Co-Produkten in der tierischen Produktion“, sagte DVT-Präsident Cord Schiplage auf der Tagung in Berlin vor rund 300 Gästen. Gleichzeitig warnte er vor den Folgen fehlender politischer Entscheidungen in der EU und in Deutschland. „Der Wille zu einer Transformation der Landwirtschaft ist flächendeckend vorhanden, allein die finanziellen Mittel fehlen“, sagte Schiplage. „Diese und die bürokratischen Prozesse sorgen für ein unsicheres Umfeld und bremsen den Veränderungswillen einer gesamten Branche.“
Reduzierung des Fleischkonsums lässt Verwertung von Nutzflächen außer Acht
In seiner Rede bezog sich der DVT-Präsident neben dem Umbau der Tierhaltung und der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) auch auf eine neue Klimastudie.
Die Forderungen einer deutlichen Reduzierung des Fleischkonsums und die Fokussierung auf eine stärker pflanzenbasierte Ernährung sieht er als zu einseitig an. Sie lasse die natürlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten bei der Verwertung von Nutzflächen im weltweiten Kontext außer Acht: „Zwei Drittel der globalen Nutzflächen bestehen aus Grasflächen und Steppe. Diese Flächen können nur über die Tierhaltung zur Nahrungsproduktion beitragen“, sagte Schiplage. Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sind etwa 86 Prozent der Futtertrockenmasse nicht für den Menschen verwertbar.
Schiplage unterstrich die von Forschern bestätigte Auffassung, dass eine vollständig klimaneutrale Landwirtschaft nicht möglich sei. Er verwies zudem auf vielfältige Anpassungen in der Tierernährung von der Nutzung von Co-Produkten bis zur optimierten Futterration und weiteren Instrumenten zur Verbesserung der Effizienz. Rund 10 Mio. Tonnen (und somit rund ein Drittel aller marktgängiger pflanzlicher Futtermittel) sind heute Co-Produkte. „Mit einer klimaangepassten Tierhaltung und Tierernährung sehe ich große Chancen. Das hohe Niveau der Tierhaltung mit deutlichen Fortschritten im Tierwohl, dem Standortvorteil und guten ökologischen Fußabdrücken tragen dazu maßgeblich bei“, sagte Schiplage. Er verwies auf die Vorzüge des globalen Handels. Weiterhin sollten weltweit die klimatischen Vorteile genutzt werden, um hochwertige Lebens- und Futtermittel zu produzieren und sie zu importieren oder zu exportieren.
Entwaldungsverordnung: Drastische Mehrkosten und Bürokratie
Deutliche Kritik übte Schiplage an der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) und ihrem geplanten Inkrafttreten am 30. Dezember 2024. Die Verordnung könne in ihrer aktuellen Form – wenn überhaupt – nur mit erheblichem Aufwand umgesetzt werden. Die offenen Fragen führten zu drastischer Verunsicherung. Die bislang ungenügende Organisation der Rückverfolgbarkeit und die technischen Voraussetzungen seien die größten Baustellen, die ohne Klärung zum bürokratischen Exzess führen, stellte Cord Schiplage in seinem Statement zum Thema fest: „Es droht jetzt der Kollaps für die einzelnen betroffenen Sektoren.“ Wer in der Praxis tätig sei, wisse um die Notwendigkeit, dass Kontrakte für Rohstoffe bereits viele Monate im Voraus gemacht werden müssen. Schiplage: „Wer Veränderungen will, muss die Natur verstehen und die Warenströme mit ihren zeitlichen Vorgaben anerkennen.“ Schiplage betonte, dass man sich in der Zielsetzung einer entwaldungsfreien Lieferkette einig sei. Es liege jedoch nicht am Willen der Futtermittelindustrie, sondern an den unzureichenden rechtlichen Klarheiten, die den Prozess verzögern.
Die Folge wären dramatische Verwerfungen im Markt, weil die Ware nicht vorhanden ist oder sehr viel teurer würde. Schätzungen des europäischen Mischfutterverbandes FEFAC zufolge könne das für 2025 zu Mehrkosten im Bereich der Eiweißprodukte von über 2 Mrd. Euro führen.
BLE-Zahlen: WJ 2023/24 im Vergleich zum Vorjahr weitestgehend konstant
Die neu veröffentlichten Zahlen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zur Mischfutterproduktion weisen indes nur leichte Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr auf. „Das produzierte Mischfuttervolumen ging im Vergleich zum Wirtschaftsjahr 2022/23 minimal um 0,3 Prozent auf 21,7 Millionen Tonnen zurück. Das entspricht einem Rückgang von rund 73.000 Tonnen“, sagte Schiplage zu den aktuellen Zahlen. Diese Entwicklung korrespondiere mit den leicht rückläufigen Tierbestandszahlen. „Insbesondere im Schweinebereich deutet sich an, dass ein Plateau erreicht wurde, auch wenn dieses weiterhin auf einem Tiefstand steht“, sagte Schiplage.*
Nachdem bereits in den Vorjahren die Anzahl der Futtermittelhersteller sank, reduzierte sie sich im Wirtschaftsjahr 2023/24 um weitere zwölf Betriebe auf 264 Hersteller.
Über den DVT
Der Deutsche Verband Tiernahrung e. V. (DVT) vertritt als unabhängiger Wirtschaftsverband die Interessen der Unternehmen, die Futtermittel, Vormischungen und Zusatzstoffe für Nutz- und Heimtiere herstellen, lagern und damit handeln.
*Weitere Zahlen erhalten Sie auf den Seiten der BLE sowie beim DVT.
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