München (ots) –
– 80 Prozent der Banken planen kurz- bis mittelfristig nur einen geringen Anteil ihrer Filialen zu schließen
– Knapp zwei Drittel tätigen höhere Digitalinvestitionen, der Fokus liegt jedoch auf dem Tagesgeschäft und bestehenden Kernprozessen
– 81 Prozent wollen sich auch weiterhin als Kundenexperte an der Schnittstelle zum Konsumenten positionieren
Die Studie „4th European Retail Banking Survey (2021)“ von Roland Berger zeigt: Die Pandemie wird das Privatkundengeschäft nicht radikal verändern, ist aber ein wichtiger Katalysator der digitalen Transformation. Allerdings konzentriert sich die Mehrheit der europäischen Banken weiterhin lediglich auf die Digitalisierung vorhandener Produkte und Prozesse. Echte Innovationen bleiben eine Seltenheit. Das spiegelt sich auch bei den Geschäftsmodellen wider. 81 Prozent der Befragten sehen sich auch in Zukunft als „Kundenexperte“ und setzen sich somit in ihrer Positionierung nicht von der Konkurrenz ab. Was sich ändert, sind die Arbeitsmethoden und Mitarbeiterprofile, so die Befragung von rund 60 europäischen Retail-Banken aus 11 Ländern.
„Banken mussten im Lockdown schnell reagieren“, sagt Sebastian Steger, Partner von Roland Berger. „Filialen wurden geschlossen und Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt. Um überhaupt weiterarbeiten zu können, mussten sie digitaler arbeiten und etablierte Prozesse neu denken.“ 60 Prozent haben sogar neue Produkte entwickelt, um ihre Kunden auch während des Lockdowns bedienen zu können. Im Zuge dessen und zur Optimierung vorhandener Prozesse haben 64 Prozent der Studienteilnehmer auch ihre Digitalinvestitionen erhöht.
Zu einem kurzfristigen, starken Wandel im europäischen Privatkundengeschäft wird es nach Ansicht der Roland Berger-Experten dennoch nicht kommen. Obwohl einige deutsche Banken einen signifikanten Filialabbau planen, beabsichtigen Banken in anderen Ländern keine ähnlich umfangreiche Reduzierung. So gehen 80 Prozent der Befragten davon aus, dass kurz- bis mittelfristig nur ein geringer Anteil ihrer Filialen geschlossen wird. Ein Viertel bis zur Hälfte der Belegschaft wird jedoch auch nach der Pandemie weiterhin im Homeoffice arbeiten, glauben rund 90 Prozent. Außerdem wollen über 60 Prozent agile Arbeitsbedingungen für ausgewählte Bereiche oder Projekte schaffen oder ausweiten. Dies wird die künftigen Mitarbeiterprofile stark verändern, weg vom klassischen Projektmanager hin zum Spezialisten für Data Management. „Die Pandemie wirkt also vor allem als Katalysator der digitalen Transformation und beschleunigt bereits vorhandene Trends“, so Steger.
Digitaler Reifegrad steigt weiter an – innovative Technologien stehen nur selektiv auf der Agenda
Mittlerweile können 90 Prozent der Befragten Konsumentenkredite schnell und fast vollständig digital abschließen. Trotz der steigenden Bedeutung von innovativen Technologien wie Künstliche Intelligenz oder Blockchain, setzen nur wenige Banken entsprechende Lösungen bereits um. „Es gibt Innovationen, bei denen wir im Vergleich zu 2017 einen Stillstand feststellen konnten“, ergänzt Steger. Und das, obwohl die internen Widerstände, vor allem personell und kulturell, gegenüber dem digitalen Wandel gesunken sind. Dennoch, das größte Umsetzungshindernis bleibt bestehen – unflexible, veraltete IT-Infrastrukturen bremsen einen schnellen Umbau aus.
Trotzdem wollen europäische Banken auch in Zukunft mehr in die digitale Transformation investieren – 92 Prozent planen Budgeterhöhungen. Allerdings fließen heute bereits ca. 70 Prozent der IT-Budgets in die Aufrechterhaltung des Tagesgeschäfts und die Erfüllung regulatorischer Anforderungen, was keinen zügigen Innovationsschub verspricht.
Höhere Fragmentierung der Wertschöpfungsketten, aber kein Wechsel des Geschäftsmodells
Strategisch wollen 81 Prozent auch künftig vor allem die Kundenschnittstelle besetzen – obwohl hier der Wettbewerb am größten ist. Alternative strategische Ausrichtungen werden wenig in Betracht gezogen: Nur 12 Prozent positionieren sich als Produktexperte und lediglich 7 Prozent als Technologieanbieter. Die Fragmentierung der Wertschöpfungsketten hält weiter an. Die meisten Banken lagern weiterhin aus – als top zwei Prioritäten werden die Zahlungsabwicklung (73 Prozent) und Compliance-Prozesse (49 Prozent) genannt. Ein echter Wechsel des Geschäftsmodells wird damit jedoch nicht angestrebt. „Bei vielen Banken fehlt es an einer stringenten strategischen Ausrichtung mit einer ambitionierteren Herangehensweise. Eine echte Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb ist daher kaum möglich“, so Steger. „Banken müssen die digitale Transformation zielgerichteter und auf Basis einer klaren Einschätzung der Marktentwicklungen und ihrer eigenen Ressourcen vorantreiben. Ist die Richtung bestimmt, sollten sie noch umfassendere Schritte angehen hinsichtlich der Nutzung neuer Technologien und des Umbaus der aktuellen Produkte, Prozesse und Organisation.“
Die vollständige Studie können Sie hier herunterladen:
https://bit.ly/39myIhp
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