Berlin (ots) –
Warum steigende Zinsen den Wohlstandsaufbau in Deutschland gefährden
Christoph R. Kanzler zählt international zu den führten Experten im Kapitalmarktbereich. Er übersetzt komplizierten Finanzjargon, in eine einfache, bildhafte und verständliche Sprache und erklärt so die neue Welt des Sparens und Anlegens. Als Kolumnist schildert er nachfolgend seinen Blick auf den Finanzmarkt und nimmt Stellung zu den Mythen des Anlagerisikos:
„Es ist kein Geheimnis, dass die Deutschen eine distanziertes Verhältnis zu Aktien & Co. haben. Dies wird immer mit der Risikoscheue der Bundesbürger begründet. Dass dies eine Legende ist zeigt sich darin, dass wir in Deutschland mehr Lottospieler als Aktionäre haben. Rund 22 Millionen Menschen spielen regelmäßig oder gelegentlich Lotto, während nur 12,90 Millionen Menschen Aktien besitzen. Die Deutschen sind also alles andere als Risikoscheu. Offenbar ist es aber so, dass Aktien als risikoreichere Form angesehen werden als Lottoscheine. Immerhin liegt die Wahrscheinlich im Lotto zu gewinnen bei 1:140.000.000 oder 0,00000072%. Dagegen kann man am Kapitalmarkt mit 7% Rendite rechnen. Das ist es was globale Aktienmärkte in den letzten 100 Jahren geliefert haben. Übersetzt bedeutet dies: Hätte man die letzten 30 Jahre 50 Euro monatlich in einen globalen Aktiensparplan investiert, würde man sich nun über 53.330 Euro freuen können. Die Summe der Einzahlungen liegen bei 18.000 Euro, was einen Gewinn von 35.330 Euro entspräche. Hier sind schon Kosten in Höhe von 0,50% im Jahr in Abzug gebracht. Eine Zinsanlage mit 3% hätte 29.209 Euro als Ergebnis. Das Mehr von 24.000 Euro sollte jeden motivieren, sich mit dem Thema Aktien ernsthaft zu beschäftigen. Die technische und informationstechnische Demokratisierung der Kapitalmärkte macht es heute für jedermann möglich, von der Funktionsweise und Entwicklung der Kapitalmärkte zu profitieren. Warum aber tun wir Deutsche uns so schwer damit und warum glauben wir, dass Sparbücher, Festgelder und garantierte Lebensversicherungen intelligente Anlageformen sind? Die Antwort ist einfach: Weil wir es in der Schule nie anderes gelernt haben. Es gibt ein pseudofaktisches Verständnis für Kapitalmärkte. Vergleichbar mit dem mittelalterlichen Verständnis, dass die Erde eine Scheibe oder der Mittelpunkt des Universums ist. Aktien werden gerne als Teufelszeug beschrieben. Börsen als Casinos und die Crashpropheten erfreuen sich großer Beliebtheit. Ideologisch getriebene Interessengruppen befeuern dieses Verständnis immer weiter und verhindern dadurch, dass sich Menschen mit dem Thema ernsthaft auseinander setzen. Würden sie sich ernsthaft damit beschäftigen, würden sie schnell feststellen, dass die Fakten eine ganz andere Realität zeigen. Kapitalmärkte haben mehr Aufschwünge als Abschwünge – nämlich 2/3 zu 1/3 und die Aufschwünge sind deutlicher ausgeprägt als die Abschwünge. Globale Kapitalmärkte haben in den letzten 100 Jahren 7% Rendite geliefert. Renditen kommen nicht von Banken oder Fonds Managern, sondern von der Produktivität die in Unternehmen vorherrscht. Die Kombination als Arbeit, Rohstoffen, Wissen und Kapital schafft Produkte und Dienstleistungen, die dann am Markt verkauft werden. Menschen produzieren, Menschen konsumieren. Ein effizienter und effektiver Kreislauf mit dem Ergebnis, dass jeder von uns seine eigene Situation verbessern kann. Von den 51 Milliarden Euro die DAX-Unternehmen in 2022 ausgeschüttet haben, verbleiben nach einer Auswertung des Beratungsunternehmen EY nur 31 Prozent im Inland. Der Rest fließt ins Ausland ab oder kann nicht genau zugeordnet werden. Das ist in gewisser Weise tragisch, denn wir alle sind an dieser Wertschöpfung beteiligt. Entweder direkt als Mitarbeiter in einer der DAX-Konzerne oder indirekt als Konsument. Da wir aber glauben, dass Aktien Teufelszeug sind und unser Geld lieber auf dem Sparbuch belassen, lassen wir uns seit Jahrzehnten finanziell die Butter vom Brot nehmen. Wir bleiben weit hinter unseren finanziellen Möglichkeiten zurück. Grund dafür, dass unser durchschnittliches Haushaltsvermögens – im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn – deutlich niedriger ist. Die niedrigen Zinsen in den letzten Jahren haben viele Menschen gezwungen, sich mit dem Thema Aktien & Co. auseinander zu setzen. Bei 0% Zinsen wurde auch dem Letzten klar, dass das Sparbuch keine clevere Anlageform ist. Sparpläne in Aktien und Fonds erfreuten sich immer größerer Beliebtheit. Mit den steigenden Zinsen nimmt dieser Druck ab und man wählt wieder den Weg des geringsten Widerstands. Im ersten Quartal 2023 wurden laut Deutscher Bundesbank 45 Milliarden in Terminanlagen umgeschichtet. Je nach Laufzeit sind dort aktuell ca. 2,70% Zinsen zu bekommen. 30 Milliarden wurden in Anleihen investiert. Bundesanleihen mit zwei Jahren Laufzeit liefern aktuell etwa 3,00%. Aktienfonds wurden dagegen nur unterdurchschnittlich genutzt. Zinsen scheinen eine magische Anziehungskraft auf Deutsche zu haben. Anstatt die zu erwartenden 7% am Aktienmarkt einzusammeln, begnügt man sich mit der Hälfte an Zinsen und geht zu dem hohe Risiken ein, indem einzelne Anleihen am Markt herauspickt werden. Warum ist das so? Auch hier gibt es eine einfache Erklärung: Die Angst vor kurzfristigen Schwankungen an den Börsen. Und genau diese Angst erzeugt massive langfristige Verluste. Was sich dann deutlich an den Haushaltsvermögen ablesen lässt. Diese tiefsitzende Angst vor kurzfristigen Schwankungen lässt die Menschen auch gerne „Anlageselbstmord“ begehen. Die Liste der Anlegerskandale, bei denen Anleger viel Geld verloren haben, ist lang und folgt immer dem selben Schemata: Die Aussicht auf hohe Renditen ohne Risiko, was übersetzt bedeutet ohne Schwankungen. Wenn dann das eingesetzte Kapital verloren geht, wird gerne pauschal die Börse, bzw. der Kapitalmarkt verantwortlich gemacht. Teufelszeug eben! Der Grund für den Verlust liegt aber nicht beim Kapitalmarkt, sondern am Anleger mit seiner Angst vor kurzfristigen Schwankungen. All das wäre zu vermeiden, wenn wir in Deutschland ein faktenbasiertes Verständnis für Kapitalmärkte hätten. Erfolgreich anlegen ist vergleichbar mit Autofahren. Man muss es einmal richtig lernen, danach geht es wie fast von alleine. Wenn wir alle keinen Führerschein machen würden, dann sähen die Straßen täglich wie ein Schlachtfeld aus. Und ein Schlachtfeld ist die Art und Weise wie wir Deutsche unser Geld arbeiten lassen. Wir lachen über Menschen, die dem Geschwätz von Wahrsagern glauben. Doch im Bereich der Finanzen nehmen wir letztere ernst, sehr ernst sogar. Dabei sagt uns schon der gesunde Menschenverstand: Die Entwicklung von Kapitalmärkten, Aktien oder Anleihen kann nicht prognostiziert werden. Doch solange niemand die Zukunft vorhersagen kann, sind Anlagestrategien basierend auf Prognosen eben nichts anderes als ein Versuch. Die Fehlerquote dieser Versuche ist gigantisch. Entsprechend enorm sind die Schäden und Enttäuschungen auf Seiten der Anleger. Flugzeuge gehören heute zum sichersten Verkehrsmittel. Diese Sicherheit ist das Ergebnis von konsequentem Lernen aus Zwischen- und Unfällen. Würde die Luftfahrtindustrie so arbeiten wie die Mehrheit der Finanzindustrie, würde heute niemand mehr in ein Flugzeug einsteigen. Jeder hat ein Recht sein Geld zu vermehren und finanziell sicher in die Zukunft zu schauen. Damit das gelingt, muss sich das Verständnis und die Perspektive der deutschen Bevölkerung auf Kapitalmärkte verändern. Gelingt das, ändert sich die Art und Weise, wie wir Deutsche Geld anlegen. Und das ist einfacher, als die meisten denken. Die Erfindung von Indexfonds und ETFs in den 80er Jahren demokratisiert den Zugang zu Kapitalmärkten. Noch nie konnte man so einfach und effizient von der Kraft freier Märkte profitieren. Kapitalmärkte und freiheitliche Gesellschaften funktionieren am besten, wenn sie allen Menschen ermöglichen am Wohlstand der Nation teilzuhaben. Aktuell jedoch gibt es hier Ungleichgewichte, die es schnell zu beheben gilt. Es braucht dringend eine neue Kultur des Investierens. Denn was würde es für die Wohlstandsverteilung, die Bildungschancen und unser Rentensystem bedeuten, wenn 30% und mehr der deutschen Bevölkerung ein anderes Verständnis für Kapitalmärkte hätten? Um das zu erreichen, müssen wir alle aber noch einmal in die Schule gehen. In die Schule der Wirtschaft in der wir lernen wie Kapitalmärkte funktionieren, den Unterschied zwischen Investieren und Spekulieren verstehen und welche Regeln es zu befolgen gilt, um keinen Anlegerselbstmord zu begehen.“
Der Vortragsredner und Autor Christoph R. Kanzler veröffentlichte im Februar 2021 sein Buch „SELFMADE AKTIONÄR“ im Campus Verlag. Als BERATER & ANLEGER Coach betreut er private und institutionelle Anleger, die ihr Geld effizient, lautlos und erfolgreich für sich arbeiten lassen wollen.
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